Anzeiger Bezirk Affoltern: A-Cappella-Chormusik in der Klosterkirche

A-Cappella-Chormusik in der Klosterkirche

Menschliche Stimmen in höchster Perfektion und emotional berührend

Sechs Frauen und fünf Männer bescherten am vergangenen Samstag vielen Besuchern des Konzertes in Kappel einen hochkarätigen Musikgenuss. Der anzahlmässig kleine, stimmlich aber grosse Chor sang anspruchsvolle Werke aus verschiedenen Jahrhunderten.

Von Regula Zellweger 

Nach dem «Halleluja» von Iso Rechsteiner und dem «Kyrie» aus Bruckners Messe in D begrüsste Elisabeth Glenck die zahlreichen Konzertbesucher: «In der kalten Kirche soll die Musik Wärme vermitteln.» Sie führte ein Lied aus dem 16. Jahrhundert von John Bennet ein und las den Text sowohl in En lisch als auch auf Deutsch. «Weint, o meine Augen», so begann der Text, der bodenlose Traurigkeit beschreibt. Noch nach mehreren Jahrhunderten treffen diese Worte und die Vertonung mitten ins Herz.

Sehr präzise und doch emotional

Pfarrer Christoph Menzi versteht es, seinen Chor unspektakulär, aber sehr klar zu führen. Als Tenor singt er selbst mit, steht manchmal im Kreis der Sängerinnen und Sänger, manchmal vor der Gruppe. Nichts ist laut, es wird ruhig, würdevoll und konzentriert musiziert. Die Sänger stehen da, ohne sich an Noten festzuhalten, und singen klar, rein und sicher ihre Stimmen.

Die vier Stimmlagen vereinen sich zu Klangclustern, verweben sich so, dass mal die eine oder die andere Stimme leicht hervortritt und wieder in den Hintergrund gleitet, wobei ein wunderbares Muster, ein faszinierender Klangteppich entsteht. Niemand klatschte nach den einzelnen Stücken – es hätte die Stimmung zerstört. Umso grösser war der begeisterte Applaus am Schluss.

Der Chor sang zwei Lieder von John Rutter, einem vor allem durch seine Weihnachtslieder bekannten englischen Komponisten und Chorleiter. «God be in My Head», hiess das zweite Lied des Musikers, der von sich sagt, er sei nicht besonders religiös, in einem Interview aber meinte, dass für ihn die Spiritualität kirchlicher Liturgie eine wichtige Inspirationsquelle darstellt.

Energie fliesst

Sieht und hört man den A Cappella Chor von Christof Menzi, spürt man die sich aufbauende Energie und die tiefe Freude, die das gemeinsame Musizieren den Chormitgliedern bereitet. Diese Kraft überträgt sich still und leise auf die Zuhörenden – ein erstaunliches Phänomen anlässlich des Konzertes am letzten Samstag. Ein Zuhörer meinte voller Begeisterung: «Ich habe diese Kirche noch nie so klingen hören.» Die Werke der skandinavischen Komponisten erzählten Geschichten und vermittelten Gefühle. Beispielsweise «Northern Lights» von Ola Gjeilo. Während die Klänge die Kirche füllten, sah man weite, stille Schneelandschaften vor sich und meinte das Wunder des Nordlichtes zu erleben.

Beeindruckend auch die Interpretation von «Mu Ruoktu Lea Mu Vaimmus» vom schwedischen Komponisten und Cellisten Svante Henryson. Die Musik erzählt vom Nomadenleben der Samen, früher Lappen genannt, den Ureinwohnern der nordischen Länder, die in der skandinavischen Kultur lange Zeit ignoriert wurden. In diesem Stück wurde der Begriff «tragende Stimmen» klar. War dieser Ausdruck bisher vielleicht eine Worthülse, so verstand man plötzlich, wie es ist, wenn Stimmen tragen. Insbesondere die Bassstimmen legten festen Boden.

Die Klosterkirche als einzigartiger Konzertraum

Zwei Zugaben musste der A Cappella Chor geben. Dass alles, die fremdsprachigen und deutschen Texte, aber auch die anspruchsvollen Rhythmen und die Melodien, die auch mal schwierig zu singende Disharmonien beinhalteten, die sich wieder auflösten, zeigte die hohe Qualität des Chors auf. Es war weit mehr als ein Vortragen von Liedern. Man bekam den Eindruck von Menschen, die feinfühlig aufeinander eingehen, in Beziehung zu einander stehen und zu einem Ganzen verschmelzen. Menschliche Stimmen sind wunderbare, wandelbare, vielschichtige «Instrumente». Nach dem Abklingen der Stimmen erfüllten die Klänge lange noch die gotische Kirche, die absolut ideal für diese Art Musik ist.

Elf Sängerinnen und Sänger erfüllten die Klosterkirche Kappel unter der Leitung von Pfarrer und Musiker Christof Menzi mit anspruchsvoller A-Cappella-Chormusik. (Bild Regula Zellweger)

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Quelle: http://www.affolteranzeiger.ch Ausgabe Nr. 090 vom 21.11.2017